Bebauungsplan Rheinvorland: Ab sofort Bürgerinnen und Bürger, BI, Umwelt- und Naturschutz beteiligen!
Das Schicksal der großen Leutesdorfer Rheinwiese – der Gemeinderat schuf Fakten. Einstimmig und ohne öffentliche Diskussion beschlossen die Ratsmitglieder von CDU und SPD mit Ortsbürgermeister Heisterkamp am 8. März 2021 die Aufstellung eines sogenannten „einfachen Bebauungsplans“. Betroffen vom „Bebauungsplan Rheinvorland“ sind die Rheinstraße zwischen Zolltor und Hintergasse, sämtliche angrenzenden Gassen und die Kirchstraße sowie die Flächen zum Rhein hin, damit natürlich auch die gesamte Rheinwiese und der Spazierweg unter den Platanen. Was man für diese Straßen, Gassen und Flächen im Sinn hat, wollten Rat und Verwaltung bei der Sitzung in Carla Maurs Leyscher Hof nicht verraten – auch auf mehrere Nachfragen hin nicht.
Welche Vorhaben die in unausgesprochener Großer Koalition vereinten Kommunalpolitiker beim Rheinvorland auch bewegen – die Bürgerinitiative „Wir Leutesdorfer – Rettet die Rheinanlagen!“ war in die Entscheidung zur Aufstellung des Plans und in deren Vorbereitung nicht eingebunden. Dabei hatte Bürgermeister Heisterkamp (SPD) genau dies am 30. November 2020 noch zugesichert. Es fand auch keine vorbereitende Einwohnerversammlung statt, die Heisterkamp noch bis zum vergangenen Sommer versprochen hatte. Genauso wenig wie eine aktuelle „Dorf-Moderation“ zum Thema. Und auch der weiter im Raum stehende Bürgerentscheid zum Thema Rheinwiese hat bisher nicht stattgefunden (zur Erinnerung: Rund 400 Leutesdorferinnen und Leutesdorfer hatten ihn im Sommer 2019 per Unterschrift gefordert), weil Rat und Bürgermeister sich weigern, diesen legalen basisdemokratischen Akt durchzuführen.
In der Fragestunde zur Sitzung am 8. März äußerte Achim Braasch, Leiter der Bauverwaltung der zuständigen Verbandsgemeinde mehrfach, der „Bebauungsplan Rheinvorland“ sei vom Ergebnis her noch völlig offen. Mit anderen Worten: Die Planungsmaßnahme habe bis auf weiteres kein Ziel. Also auch nicht die Ziele Hochwasserschutz in Leutesdorf, Sanierung der Rheinstraße oder ähnliches. Nicht nur gegenüber dem gesunden Menschenverstand, auch nach einem Blick ins Baugesetzbuch und dessen Kommentierungen oder auf die der Gemeinde entstehenden Kosten (vier- bis fünfstellige Eurosumme für ein Planungsbüro) wirkt „zielloses Planen“ doch wenig plausibel. Wollen sich Rat und Verwaltung etwa mit Schweigen vor Kritik schützen, ehe ein fertiger Plan auf dem Tisch liegt und in seiner Grundstruktur nicht mehr verändert werden kann?
An anderer Stelle der Sitzung hatte Achim Braasch gegenüber Bürgermeister Heisterkamp von einer Unterredung mit den Behördenvertretern Gerhard Schlösser und Joachim Gerke von der Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord (SGD Nord) berichtet, die „einverstanden seien“ mit der Verfahrensweise. Insofern liegt der Verdacht doch sehr nahe, dass mit dem Verwaltungsverfahren „Einfacher Bebauungsplan“ (gegenüber dem in Rheinland-Pfalz Bürgerentscheide nicht zulässig sind) genau jene Maßnahmen durchgesetzt werden sollen, die die SGD Nord schon seit Jahren im Sinn hat. Also: Absenkung der Rheinwiese – die Leutesdorfer Rheinfront als Rückzugsfläche für den Rhein bei Hochwasser gemäß dem vom Umweltministerium propagierten Programm „Blau plus“ – im Gegenzug teilweise Übernahme der Kosten der Straßensanierung durch das Land Rheinland-Pfalz.
Leider nahmen trotz der brisanten Inhalte der Sitzung (u.a. ging es auch um die geplante spektakuläre Umlegung der B 42 im Ort) nur wenige Bürgerinnen und Bürger an der öffentlichen Sitzung im Leyscher Hof teil, was wohl auf die Pandemiebedingte derzeitige Zurückhaltung der Öffentlichkeit gegenüber Versammlungen zurückzuführen und natürlich verständlich ist. So rät auch die Behörde Kommunalaufsicht Rheinland-Pfalz deutlich von nicht absolut notwenigen Präsenzsitzungen ab: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie und der bundesweiten Verschärfung der Maßnahmen, die in Rheinland-Pfalz durch die 17. CoBeLVO umgesetzt wurden, wird jedoch dringend empfohlen, auf Präsenzsitzungen der kommunalen Gremien bis zum 28.03.2021 zu verzichten. Dies gilt insbesondere für aufschiebbare Tagesordnungspunkte…“.
Auf die Frage, warum der „Bebauungsplan Rheinvorland“ unbedingt jetzt, bei den derzeitigen Ausnahmeverhältnissen quasi fast ohne Öffentlichkeitsbeteiligung, beschlossen werden müsse, antwortete Bürgermeister Heisterkamp, es sei in den vergangenen Jahren bereits genug über das Thema geredet worden. Auf die folgende Frage, warum es denn jetzt auf vielleicht drei Monate ankomme, fand der Bürgermeister keine schlüssige Antwort. Soll in diesen schwierigen Zeiten ein strittiges Thema mit Gewalt „durchgepeitscht“ werden?
Im weiteren sogenannten Beteiligungsverfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans geht es nun bereits in der Frühphase darum, die „Träger öffentlicher Belange“ einzubinden, wie ein Blick ins Baugesetzbuch (BauGB) zeigt („frühzeitige Beteiligung“). Zu den Trägern öffentlicher Belange gehören außer z.B. Umweltschutz- und Naturschutzverbänden auch Bürgerinitiativen. Der von Bürgermeister Heisterkamp und Gemeinderat geäußerten Rechtsmeinung, die BI „Wir Leutesdorfer – Rettet die Rheinanlagen!“ habe erst in der Widerspruchsphase ein Mitwirkungsrecht, widersprechen wir entschieden. Wir fordern stattdessen die sofortige Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger und der BI.
Im Übrigen stellt die BI „Wir Leutesdorfer – Rettet die Rheinanlagen!“ unmissverständlich fest, dass sie sich den Klageweg zur Durchsetzung des Bürgerentscheids weiterhin vorbehält.
Bürgerinitiative „Wir Leutesdorfer – Rettet die Rheinanlagen!“
Bernd Spitzley
Harald Stoffels
info@wir-leutesdorfer.de
www.wir-leutesdorfer.de