Neues „Hochwasserschutz-Konzept“ in Leutesdorf präsentiert
Platanen Allee wird zerstört, historische Rheinfront verbaut – und es gibt Ärger für die Anwohner
Bei der Präsentation des neuen „Hochwasserschutz-Konzepts“ der Mittelrhein-Gemeinde Leutesdorf am 1. April wurden die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker wahr. Einziger kleiner Lichtblick für Einheimische und Feriengäste: Laut Bürgermeister Volker Berg (CDU) sollen die fachlichen Bedenken der Leutesdorfer gegen die Ideen eines Planungsbüros auch in Zukunft zumindest gehört werden.
Die Kernideen des Konzepts: Die Rheinstraße soll von Zolltor bis Kirchstraße deutlich erhöht werden – bis zu 116 Zentimetern am Scheitelpunkt Ecke Kirchstraße! Auch eine noch stärkere Erhöhung wird für möglich gehalten. Sämtliche Gassen, die zum Rhein führen, sollen in die Umbauten einbezogen werden und verlieren damit wenigstens teilweise ihren alten Charakter. Die historische Rheinfront mit ihren bedeutenden Fachwerkbauten und dem über 1.000 Jahre alten Fronhof ändert vollständig ihr Gesicht, falls die Rheinstraßen-Erhöhung wie geplant umgesetzt wird.
Außerdem soll die bedeutende Leutesdorfer Platanenallee in ihrer bisherigen Struktur den Umbauten weichen. Mindestens 13 Bäume sollen in den Rheinanlagen gefällt werden – die Planer „geben sich Mühe“, wie es in der Präsentation hieß, den Rest zu erhalten. Die bisherige Rheinwiese soll abgesenkt werden – auf ihr sollen viele neue Parkplätze entstehen. Die gesamte Fläche der Rheinanlage – bisher als einzigartige, weitläufige Wiese und Spielfläche vor allem bei den Zehntausenden von Gästen jährlich der Jugendherberge außerordentlich beliebt – soll in eine Art Miniatur-Freizeitpark umgewandelt werden, mit Ausstattungselementen belegt, wie sie seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts aus zahllosen Kleinstädten bekannt sind (begehbares Schachbrett, Kunststoff-Spielschiff, ummauerter Kleinst-Weinberg, Stöckelschuh-sichere Wege über den verbliebenen Teil Wiese usw.). Am Ufer soll eine Steintreppe zum Rhein hin als Sitzfläche entstehen, vorstellbar als Kleinst-Version der Rhein-Treppe in Köln-Deutz, längst hoch umstritten in der Domstadt.
Begründet wird der größte Eingriff in die Dorfstruktur seit dem Bau der „Laurentiusbrücke“ im Ortskern Anfang der 80er Jahre mit einer angeblichen Erleichterung für die Rheinstraßen-Anwohnern bei kleinen Hochwassern. Genau dies wurde bei der Präsentation von Anwohnern jedoch in Zweifel gezogen, da u.a. das Grundwasser auch nach der Baumaßnahme in Garagen und Keller eindringen wird und die Säuberungsarbeiten dort in Zukunft sogar noch deutlich erschwert werden. (Die Planer empfahlen den Anwohnern, rechtzeitig Pumpen anzuschaffen). Außerdem wären die Anwohner gezwungen, Rampen für ihre zur höher gelegten Rheinstraße weisenden Garagenzufahrten zu bauen. Für mittlere (z.B. Januar 2018) und große (z.B. 1993) Hochwasser ergäbe sich überhaupt keine Verbesserung der Lage, wie auch die Planer betonten.
So blieb der Eindruck, dass die Zerstörung des bisherigen historischen Rheinstraßen-Panoramas und der überregional geschätzten einzigartigen Rheinwiese im Kern doch anderen Mitteln dienen würde: zum Beispiel dem Bau von Parkplätzen und der Anschaffung neuer Straßenlaternen, die vom Gemeinderat gewünscht werden und so aus Steuergeldern, die dem Hochwasserschutz vorbehalten sind, mitfinanziert werden könnten.
Von bisher geplanten 2,7 Millionen Euro Gesamtkosten war am 1.4. die Rede – außenstehende Experten rechnen mit eher der doppelten Summe. Zwei bis drei Jahre soll die „Neugestaltung“ die Leutesdorfer Rheinstraße und Rheinanlage in eine Baustelle verwandeln.
Am Rande der Präsentation wurde die Gründung der Bürgerinitiative „Wir Leutesdorfer: Rettet die Rheinanlagen!“ bekannt, die sich für einen sinnvollen Hochwasserschutz einsetzt, der den Anwohnern wirklich nutzt und bei dem die unverwechselbare Leutesdorfer Natur- und Kulturlandschaft erhalten bleibt. „Wir sind es unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln schuldig, dass wir gegen diesen ungeheuerlichen Schildbürgerstreich angehen“, erklärte deren Sprecher Harald Stoffels. „Mit unser aller Steuergelder Natur zerstören und kulturelles Erbe vernichten, dabei auch noch dem Leutesdorfer Qualitäts-Tourismus den Boden entziehen – das darf nicht sein!“
Kontakt:
Harald Stoffels, Tel. 0171 28 30 798